Ab welcher Verspätung kann ein Rechtsanwalt Terminsaufhebung oder Terminsverlegung beantragen?

Lange bei Gericht warten zu müssen bis der eigene Termin aufgerufen wird ist für fast alle Beteiligten unschön. Normalerweise lässt sich die Dauer eines Gerichtstermins, gerade für die beteiligten Rechtsanwälte, einigermaßen abschätzen. An ihre Einschätzung anlehnend gestalten diese dann ihren Zeitplan für den Tag. Wenn nun die Verhandlung nach einer Stunde oder länger immer noch nicht aufgerufen ist, passiert es schnell, dass Engpässe mit anderen Terminen entstehen. Häufig kommt dann die Idee auf, einen Antrag auf Terminsaufhebung oder Terminsverlegung zu stellen.

Ab welcher Verspätungsdauer kann Terminsaufhebung oder Terminsverlegung beantragt werden?

Es gibt keine bestimmte Verspätungsdauer eines Gerichtstermins, die den Rechtsanwalt dazu befugt, einen erfolgreichen Antrag auf Terminsaufhebung oder Terminsverlegung zu stellen. Erst im Mai 2022 hat das OLG Hamburg festgestellt (7 W 57/22, Beschluss vom 20.05.2022), dass auch Verzögerung von einer Stunde oder mehr hinzunehmen sind und dadurch gerade kein Grund für einen Antrag auf Terminsaufhebung oder Terminsverlegung gegeben ist.

Begründung des OLG Hamburg

Das Oberlandesgericht begründet seine Entscheidung damit, dass ein Rechtsanwalt sich immer ausreichend Zeit für den Gerichtstermin freihalten müsse. Zwar scheinen manche Verhandlungstermine im Vorhinein zeitlich relativ absehbar zu sein, jedoch gäbe es verschiedenste Gründe, aus denen die Verhandlung an sich länger als erwartet andauern könnte. Solche Umstände könnten sich vor allem auch erst während der Verhandlung ergeben. Solch eine Verzögerung der Verhandlung müsse der Rechtsanwalt auch hinnehmen und diese in seinem Zeitplan beachten. Eine Verzögerung des Beginns der Verhandlung dürfte daher kein Problem darstellen.

Was passiert, wenn eine Partei oder die Parteien vor Aufruf der Sache das Gericht verlassen?

Verlässt eine Partei oder alle Parteien dennoch aufgrund einer Verzögerung das Gericht vor Aufruf der Sache, so liegt in der Regel kein Unverschulden vor. Dies kann verschiedene Konsequenzen mit sich bringen. Beispielsweise kann, wenn nur eine Partei das Gericht verlässt, der Erlass eines Säumnisurteils gemäß § 331 ZPO von der anderen Partei beantragt werden, was wiederum mehr Arbeit für den Rechtsanwalt bedeutet. Verlassen beide Parteien das Gericht vorzeitig, wird das Ruhen des Verfahren durch das Gericht angeordnet.

Wann kann man Terminsaufhebung oder Terminsverlegung beantragen?

Natürlich gibt es aber auch Gründe, welche eine Terminsaufhebung oder Terminsverlegung aufgrund einer Verzögerung der Verhandlung zulassen. Diese Gründe dürfen aber eben nicht nur in der reinen Verzögerung liegen, sondern müssen auch noch im Zusammenhang mit einem anderen Grund stehen. Grundsätzlich gelten nämlich hier die ganz normalen Regelungen für eine Terminsaufhebung oder eine Terminsverlegung. Die Aufhebung oder Verlegung muss demnach aus einem erheblichen Grund erfolgen.

Begriff des erheblichen Grundes

Was ein erheblicher Grund sein kann ist, zunächst nicht ganz klar definiert. Es kommt immer auf den jeweiligen Einzelfall an und ist für jedes Verfahren neu zu bestimmen. Allgemein anerkannt sind aber solche Gründe, welche von besonderer Relevanz sind. Im Zusammenhang mit der Verzögerung der Verhandlung könnte dies beispielsweise eine Krankheit eines Mandanten oder Anwalts sein, die es unmöglich macht, lange zu sitzen und so noch weiter auf den Aufruf des Gerichtstermins zu warten. Zu beachten ist, dass der jeweilige erhebliche Grund bei Stellung des Antrags auf Terminsaufhebung oder Terminsverlegung ganz konkret dem Gericht vorgetragen werden muss.

Ein Beitrag von Jule Bramkamp.

Erstellt am 14.09.2022

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