Ab wann gilt man als berufsunfähig?

Die Wahrscheinlichkeit, berufsunfähig zu werden, ist sehr hoch. Für privat abgesicherte Personen liegt sie im Schnitt bei 25 %. Statistisch gesehen wird damit jeder Vierte im Laufe des Arbeitslebens mindestens einmal berufsunfähig. Das Risiko ist unabhängig vom ausgeübten Beruf, es können auch genauso vermeintlich gefahrlose Bürojobs betroffen sein.

Können Betroffene ihrer ausgeübten Tätigkeit nicht mehr nachgehen, geraten sie möglicherweise schnell in finanzielle Nöte. Hierbei bietet die Berufsunfähigkeitsversicherung Schutz. Nur wann gilt ein Betroffener als arbeitsunfähig?

Der Begriff der Berufsunfähigkeit ist in § 172 Abs. 2 VVG gesetzlich bestimmt. „Berufsunfähig ist, wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann.“

Diese Formulierung wird in den jeweiligen Versicherungsbedingungen der privaten BU-Versicherung meist konkretisiert und auch eingeschränkt. Die einzelnen Voraussetzungen sind im Wesentlichen Folgende:

1. Krankheit oder Kräfteverfall

Unter „Krankheit“ ist ein vom normalen Gesundheitszustand abweichenden körperlichen oder geistigen Zustand, der dauerhaft die berufliche Leistungsfähigkeit bzw. berufliche Einsatzmöglichkeit ausschließt oder beeinträchtigt zu verstehen. Ein Kräfteverfall liegt dann vor, wenn die körperlichen bzw. geistigen Kräfte des Versicherten derart nachgelassen haben, dass dessen Belastbarkeit nicht altersgerecht ist.

Dies muss vom Versicherungsnehmer nachgewiesen werden. Meist ist hierfür ein ärztliches Attest notwendig, in dem die gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf die konkrete berufliche Tätigkeit des Versicherten bezogen werden.

2. Die 50 % Regel

Als berufsunfähig gilt üblicherweise, wer in seinem aktuellen Beruf nur noch maximal 50 % der vorher geleisteten Arbeit bewerkstelligt. Hierbei kommt es nicht auf die Tätigkeit bei Abschluss des Versicherungsvertrages an.

Hierbei kommt es auf die durchschnittlichen Arbeitsstunden an. Wenn ein Angestellter in der Woche regulär 38 Stunden arbeitet, aber durch eine körperliche Einschränkung nur noch 19 Stunden leisten kann, wäre er demnach berufsunfähig. Dies gilt auch dann, wenn er die prägenden Teiltätigkeiten nicht mehr oder nur noch eingeschränkt ausüben kann, auch wenn diese nicht 50 % ausmachen.

3. Vorraussichtlich dauernde Unfähigkeit der Berufsausübung

Zudem muss die Berufsunfähigkeit „voraussichtlich dauerhaft“ verbleibend sein. Dies hängt vom Inhalt der Versicherungsbedingungen ab. Es kann ein Zeitraum von 6 Monaten bis zu 3 Jahren sein.

4. Verweisung

In den Versicherungsbedingungen ist häufig geregelt, dass die Leistung verweigert werden kann, wenn der Versicherte einen anderen zumutbaren Beruf ausüben könnte. Dies stellt einen häufigen Streitpunkt dar. Hierbei muss zwischen der abstrakten und der konkreten Verweisung unterschieden werden.

Die abstrakte Verweisung befreit den Versicherer von Zahlungspflichten, wenn der Versicherte einer anderen sozial ebenbürtigen Tätigkeit nachgehen könnte. Bei der konkreten Verweisung verweist der Versicherer den Versicherten auf die tatsächlich ausgeübte berufliche Tätigkeit, die dieser anstelle seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit bereits aus eigenem Entschluss ausübt und die seinem Wissen und seiner bisherigen Lebensstellung gerecht wird.

Besonderheit: Selbstständige

Eine Besonderheit besteht bei Selbstständigen. Dieser muss seinen Betrieb im Rahmen des Zumutbaren umorganisieren, um bedingungsgemäß berufsunfähig zu sein. Wenn der Betrieb ohne den persönlichen Einsatz des Betriebsinhabers nicht mehr aufrechterhalten werden kann so kommt eine Berufsunfähigkeit in Betracht.

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Lara Beckers

stud. jur.