Allgemeines:

Neben der sozialen Pflegepflichtversicherung (SPV) gibt es für die nicht gesetzlich Versicherten eine private Pflegepflichtversicherung, die der Sozialen Pflegeversicherung inhaltlich stark ähnelt. Pflichtversichert sind demnach die Personen, die bei einer privaten Krankenversicherung (PKV) versichert sind.

§ 110 SGB XI gibt den privaten Krankenversicherungsunternehmen Rahmenbedingungen für die Durchführung der privaten Pflegeversicherung vor. Diese Bedingungen beziehen sich auf  den Vertragsabschluss, Inhalt und die Gewährleistung des Pflegeversicherungsschutzes. Zudem wird den privaten Krankenversicherungsunternehmen ein Kontrahierungszwang auferlegt, der einen Ausschluss aufgrund von Vorerkrankungen und von bereits pflegebedürftigen privat Krankenversicherten verbietet und eine tragbare Prämienbelastung gewährt. Im Privatrechtsverkehr gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit, der die Vertragsabschluss- und Gestaltungsfreiheit gewährt. Ohne den Kontrahierungszwang könnten die privaten Krankenversicherungsunternehmen den Vertragsschluss verweigern oder die Prämien sehr hoch ansetzen und es damit den privat Krankenversicherten erschweren sich gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit abzusichern, um im Pflegefall nicht sozialhilfebedürftig zu werden.

Der Gesetzgeber bezweckt mit dem Zwang die Sicherstellung eines sozialverträglichen Pflegeversicherungsschutzes und den Schutz der Sozialgemeinschaft.

Krauskopf/Baier, 123. EL September 2024, SGB XI § 110 Rn. 4, beck-online.

BeckOGK/Koch, 15.2.2025, SGB XI § 110 Rn. 11-14, beck-online.

Zustandekommen des Versicherungsvertrages

Der Pflegeversicherungsvertrag ist zivilrechtlicher Natur. Sein Zustandekommen richtet sich nach den allgemeinen Regeln des Zivilrechts §§ 145 ff. BGB. Dem zivilrechtlichen Charakter des privaten Pflegepflichtversicherungsvertrags steht es nicht entgegen, dass der Vertragsinhalt im Wesentlichen gesetzlich vorgegeben und die Vertragsfreiheit ist durch den Kontrahierungszwang eingeschränkt ist. (Schulin NZS1994, 436 f.).

Der Pflegeversicherungsvertrag kann auch konkludent, also durch schlüssiges Verhalten zustande kommen, wenn der Versicherte auf die Mitteilung seines privaten Krankenversicherers über den Eintritt der Pflegepflichtversicherung und den Antrag zum Vertragsschluss durch Zahlung der Beiträge reagiert, Prämien für den Vertrag entrichtet oder Leistungen daraus geltend macht. Ob das Schweigen als Annahme eines Pflegeversicherungsvertrages anzusehen ist, wird unterschiedlich beurteilt.

Krauskopf/Baier, 122. EL Mai 2024, SGB XI § 110 Rn. 5, beck-online.

Kann die Pflegeversicherung durch die Versicherungsgesellschaft gekündigt werden?

Eine Kündigung oder ein Rücktritt durch das Versicherungsunternehmen wird in § 110 Abs. 4 SGB XI ausgeschlossen, solange der Kontrahierungszwang gemäß § 110 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 SGB XI besteht. Der Versicherungsschutz ist umfassend und hat zur Folge, dass die private Pflegepflichtversicherung auch bei Vertragsverletzungen aufrechterhalten bleibt. Damit soll die private Pflegepflichtversicherung einen mit der Sozialen Pflegeversicherung vergleichbar gleichwertigen Schutz gewährleisten. Mit dem Ausschluss von Rücktritts- und Kündigungsrechten soll die Sozialgemeinschaft und insbesondere der Steuerzahlers geschützt werden. Dem Versicherten soll es nicht möglich sein durch vertragswidriges Verhalten gegen seine Versicherungspflicht zu verstoßen und dann im Pflegefall sozialhilfebedürftig zu werden.

Vom Kontrahierungszwang ist nicht nur die Person des Versicherungsnehmers erfasst, sondern auch die Angehörigen und Lebenspartner des privat Versicherungspflichtigen. Wenn der Versicherungsnehmer mit seiner Prämie im Verzug ist, kann das Versicherungsunternehmen diesen zwar nicht kündigen, jedoch besteht die Möglichkeit diesem ein Bußgeld anzuhalten. Eine Kündigung durch den Versicherungsnehmer zum Wechsel des Versicherungsunternehmens ist jedoch zulässig.

Der Kontrahierungszwang bleibt solange bestehen, wie auch die Versicherung in der privaten Krankenversicherung besteht. Wenn eine private Krankenversicherung des Versicherungsnehmers nicht mehr besteht, kann dieser auch vom Pflegeversicherungsvertrag der privaten Pflegepflichtversicherung zurücktreten oder diesen kündigen.

BeckOGK/Koch, 15.2.2025, SGB XI § 110 Rn. 50, beck-online.

Spickhoff/Udsching, 4. Aufl. 2022, SGB XI § 110 Rn. 12, beck-online.

Rechtsanwalt Dr. Martin Riemer

Fachanwalt für Medizinrecht & Versicherungsrecht

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