Eingeschränktes Werberecht der Rechtsanwälte
Eingeschränktes Werberecht der Rechtsanwälte
Was ist Werbung?
Zunächst ist zu klären, was unter dem Begriff der Werbung zu verstehen ist. Werbung wird definiert als „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern.“ Der Begriff der Werbung ist im weiten Sinne zu verstehen und erfasst alle Arten von Äußerungen, einschließlich Wörtern, Bildern und Geräuschen, unabhängig davon, ob diese Äußerungen öffentlich oder in einem Kundengespräch getätigt werden. In der Regel beziehen sich werbende Äußerungen jedoch meist auf das eigene Unternehmen oder Produkt, sie können aber auch die Konkurrenz oder ihr Angebot kritisieren.
Wieso ist Werbung wichtig?
Werbung ist ein Mittel der Unternehmenskommunikation. Sie ist für die Vermarktung von Produkten und Dienstleistungen von entscheidender Bedeutung. Die Werbung stellt ein unerlässliches Mittel für Unternehmen dar, neue Kunden zu gewinnen, ihre Markenbekanntheit zu steigern und ihren Umsatz zu maximieren.
Dürfen Rechtsanwälte werben?
Rechtsanwaltsberufe zählen zu den freien Berufen. Da das Erbringen ihrer Arbeit in der Regel mit einem höchstpersönlichen Vertrauensverhältnis zum Auftraggeber verbunden ist, nehmen sie eine besondere Stellung in der Gesellschaft ein. Ihre Tätigkeiten unterliegen aufgrund dessen jedoch speziellen und strengen berufsständischen Regelungen.
Werberecht geschützt durch Art. 12 I GG
Grundsätzlich wird die Wirtschaftswerbung durch die Freiheit der Berufsausübung nach Art. 12 I GG geschützt. Da der Schutzbereich der Berufsfreiheit jede mit der Berufsausübung zusammenhängende Tätigkeit umfasst, erstreckt sich dieser Schutz auch auf die Förderung der beruflichen Außendarstellung und Werbung.
Einschränkung des Werberechts durch § 43b BRAO
Allerdings wird das Werberecht des Rechtsanwalts durch § 43b der Bundesrechtsanwaltsordnung beschränkt beziehungsweise unter bestimmte Bedingungen gestellt. Es ist einem Rechtsanwalt erlaubt zu werben, sofern die Werbung in seinem Inhalt und in seiner Form sachlich über die berufliche Tätigkeit unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Einzelfalls abzielt. Dem Rechtsanwalt ist es demnach untersagt, mit unsachlichen Inhalten oder einer unsachlichen Form zu werben. Das Verbot der unsachlichen Werbung steht im Zusammenhang mit dem Verbot des unsachlichen Verhaltens nach § 43a III 1 BRAO.
Verbot der inhaltlich unsachlichen Werbung
Inhaltlich umfasst das Verbot mehr als nur anpreisende oder sich-reklamhaft herausstellender Werbung. Es bezieht sich insbesondere auf irreführende, überrumpelnde und aufdringliche Werbung, sowie auf Werbung, die belästigend wirkt oder die Unerfahrenheit des Empfängers ausnutzt. Es ist insbesondere untersagt aufdringliche Werbemethoden zu verwenden, durch die ein ausschließlich gewinnorientiertes Verhalten zum Ausdruck kommt. Ein Beispiel für inhaltliche Unsachlichkeit ist Werbung, die die Konkurrenten abwertend darstellt. Unsachlich ist es auch mit Dienstleistungen zu werben, die einem Rechtsanwalt untersagt sind, wie beispielsweise eine unzulässige Unterschreitung gesetzlich vorgeschriebener Gebühren oder eine unzulässige Erfolgshonorarvereinbarung.
Zweck des Verbotes von sich-reklamiert herausstellender Werbung
Fraglich ist hierbei, was der Zweck des Verbots von sich-reklamiert herausstellender Werbung ist. In Betracht kommt zunächst das Gemeinwohl und der Schutz der Interessen der Konkurrenten oder Rechtssuchenden. Es ist jedoch nicht ersichtlich, welche erheblichen wettbewerbsrelevanten Nachteile den Konkurrenten oder Rechtssuchenden durch eine solche Werbung entstehen sollen, sodass deren Schutz nicht der Zweck des Verbots sein kann. Der Schutz des Gemeinwohls ist grundsätzlich ein zu beachtender Zweck. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sieht jedoch von standespolitischen Gründen des Gemeinwohls, wie die Würde des Berufsstandes oder auch nur die Aufrechterhaltung eines bestimmten Berufsbildes ab. Zudem stellt der Schutz der Berufsgenossenschaft vor Konkurrenz keinen verfassungsrechtlich legitimen Zweck dar. Wenn Anwälte jedoch in einer Weise werben, die die Kommerzialisierung der Anwaltschaft fördert und den Eindruck erweckt, dass der Anwalt sich in erster Linie vom Gewinnstreben leiten lässt, könnte die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege gefährdet sein. Ein solches Verhalten kann das Vertrauen in die Anwaltschaft untergraben, was langfristig negative Rückwirkungen auf die Bereitstellung von Rechtsberatung und Rechtsbesorgung für die Gesellschaft haben kann.
Das Bundesverfassungsgericht stellt jedoch strenge Anforderungen an das Verbot. Eine Werbemaßnahme kann nur dann gegen das Verbot sich selbst anpreisender und reklamhaft hervorhebender Werbung verstoßen, wenn im Einzelfall konkret genannt werden kann, inwiefern dadurch die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege beeinträchtigt wird.
Verbot der Form nach unsachlicher Werbung
Die unsachliche Form der Werbung ist gemäß § 43b BRAO ebenfalls untersagt. Grundsätzlich ist die Nutzung bestimmter Werbeträger, Medien und Methoden nicht beschränkt, da nicht ersichtlich ist, inwiefern eine Werbemaßnahme bereits durch die bloße Verwendung eines bestimmten Werbeträgers die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege beeinträchtigen soll. Solange die Werbung inhaltlich den Anforderungen einer sachlichen Werbung entspricht, dürfen Rechtsanwälte alle gängigen Werbeträger nutzen. Die Robe der Rechtsanwälte darf jedoch nicht zum Werbeträger gemacht werden. Unter Werbung wird hier bereits die Bestickung der Robe mit Namen und Internetadresse des Rechtsanwalts verstanden.
Zweck des Verbotes der Bestickung der Anwaltsrobe
Ob sachlich oder nicht, Werbung auf der Anwaltsrobe sei vor Gericht nach Sinn und Zweck der Robe ausgeschlossen. Einerseits wird argumentiert, dass der Rechtsanwalt durch die Robe neben seiner Funktion als Person zurücktreten muss und dass ein Werbeaufdruck mit Namen und Internetseite diese Funktion der Robe beeinträchtigen würde. Der Zweck der Robe besteht vor allem darin, den Rechtsanwalt als unabhängiges Organ der Rechtspflege zu präsentieren. Dies fördere die Übersichtlichkeit der Verhandlungssituation und schaffe eine Atmosphäre der Ausgeglichenheit, Objektivität und Rationalität. Es sei zudem für die Allgemeinheit von erheblichem Interesse, dass Gerichtsverhandlungen in angemessener Weise durchgeführt werden können.
Andererseits dient eine solche Bestickung der Robe nicht ausschließlich der Werbung, sondern auch der Kennzeichnung der Person. Die namentliche Kennzeichnung kann außerdem für mehr Transparenz im Gerichtssaal sorgen. Zudem werden Namensschilder auch von anderen Berufen genutzt, um die Nähe und das Vertrauen zum Ansprechpartner zu stärken. Es ist somit unklar, wie die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege durch einen einfachen Namensaufdruck auf der Robe so stark beeinträchtigt werden kann.
Ob dann im Einzelfall wirklich unsachliche Werbung vorliegt, ist unter Berücksichtigung des Grundrechts aus Art. 12 I GG und der Umstände des Einzelfalls festzustellen.
Merkmal der Berufsbezogenheit
Informationen über die Dienstleistung und die Person des Anwalts müssen berufsbezogen sein. Dieses Merkmal wird verfassungskonform weit ausgelegt, sodass auch außerrechtliche Aspekte eine Rolle spielen können. Neben ihren juristischen Fähigkeiten dürfen Rechtsanwälte auch über ihre Branchenkenntnisse oder andere aus der Sicht des Mandanten relevanten Aspekte ihrer Persönlichkeit informieren. Begleitende Informationen, wie kurze Bearbeitungszeiten, fallen ebenfalls unter den Aspekt der Berufsbezogenheit.
Verbot der Erteilung eines Auftrags im Einzelfall
Außerdem ist es dem Rechtsanwalt gemäß § 43b Alt. 2 BRAO verboten Werbung zu machen, die auf die Erteilung eines Auftrages im Einzelfall abzielt. Es liegt kein Verstoß gegen dieses Kriterium vor, wenn potentielle Mandanten in Kenntnis eines konkreten Beratungsbedarfs persönlich angeschrieben und Beratungsdienste angeboten werden. Dies ist einschlägig, wenn der Empfänger sich durch das Schreiben weder belästigt noch überrumpelt oder beängstigt fühlt oder sich sogar in einer Situation befindet, in der er auf Rechtsrat angewiesen ist und eine sachliche Werbung hilfreich wäre.
Eine Beschränkung der Anwaltswerbung ist demnach nur dann mit Art. 12 I GG vereinbar, wenn sie im Einzelfall durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und im Übrigen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht.
So erreichen Sie unsere Kanzlei in Köln:
Rechtsanwalt Dr. Martin Riemer
Fachanwalt für Medizinrecht und Versicherungsrecht