„Alles wird teurer“ – Rechtsanwälte auch?

Die Entwicklung des RVGs mit Hinblick auf die Inflation

Die steigende Inflation übt seit Jahrzehnten einen stetigen Druck auf Wirtschaft und Verbraucher aus. Die Preise für Waren und Dienstleistungen werden kontinuierlich teurer und die Auswirkungen sind im Alltag deutlich spürbar. Auch in der Berufswelt hinterlässt insbesondere die rasante Entwicklung der letzten drei Jahre deutliche Spuren.

Während  sich die Kosten erhöhen, steigen sogleich auch die Gehälter. Diese Dynamik lässt sich nicht nur in öffentlichen Diensten, sondern auch in vielen Berufsgruppen beobachten, die sich in engem Zusammenhang mit der freien Marktwirtschaft entwickeln. Rechtsanwälte jedoch bilden eine kleine Ausnahme unter ihnen.

Was unterscheidet diese Gruppe von anderen Dienstleistern?

Anders als bei Richtern und Staatsanwälten, welche ein kontinuierliches Gehalt gemäß der Besoldungsgruppe erhalten, kennzeichnet sich die Vergütung von Rechtsanwälten durch eine individuelle Regelung mittels gesetzlicher Strukturen. Dadurch ist, obwohl die Beschäftigung als Rechtsanwalt zu den freien Berufen gehört, die Vergütung eher vom Staat als von der freien Marktwirtschaft abhängig und wird nicht automatisch und unmittelbar von der wirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere der Inflation reguliert. Eine maßgebende Rolle spielt in diesem Rahmen das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

Um die grobe Struktur davon zu erläutern, ist neben essentiellen Vorschriften und Bedingungen, die dieses Gesetz aufstellt, insbesondere auf die RVG-Tabelle nach § 13 Abs. 1 RVG zu verweisen. Diese regelt nämlich die Vergütung von Rechtsanwälten nach Gegenstandswert und in Abhängigkeit von der Kategorie der Dienstleistung. Diese Kategorien sind jeweils einem Wert von 0,3 bis 2,5 zugeteilt, was mit dem Gegenstandswert, bzw. Streitwert verrechnet wird. Daraus ergibt sich anschließend die entsprechende Vergütung.

2004 wurde das Gesetz erstmals eingeführt und löste damit gleichzeitig die Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) ab, die sonst zuvor seit 1957 die Gebühren von Rechtsanwälten geregelt hatte. Durch die neue Struktur wurde auch eine automatische Erhöhung der Vergütung induziert. Im Anschluss zeigte sich dieser Effekt in einem Ausmaß von ca. 14%. Manche Experten schätzten, dass es sich bei der Steigerung sogar eher um 20 % handelte.

Anschließend erfolgte 9 Jahre später, im Jahr 2013, eine Anhebung der Gebühren, dieses Mal um weitere 19%, während zugleich auch strukturelle Änderungen des Gesetzes mit einhergingen.

Die jüngste Änderung stammt aus dem Jahr 2021 mit einer Gebührenerhöhung von 10%, welche auf den ersten Blick wie ein weiterer Schritt in die richtige Richtung erscheinen mag. Doch Rechtsanwälte und Anwaltskammern wie der Deutsche Anwaltsverein (DAV) und die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) sind zunehmend besorgt über die Diskrepanz zwischen der Vergütungsentwicklung und der tatsächlichen Inflation.

Dass es teils bis zu neun Jahre dauere, dass neue Änderungen erfolgen, sei zu langsam. Stattdessen fordern sie eine regelmäßigere und häufigere Anpassung des RVGs, sodass dieses stets mit der wirtschaftlichen Entwicklung standhalten kann. Aus diesem Anlass veröffentlichten der DAV und die BRAK 2023 neben einer Stellungnahme einen neuen Katalog, welcher Vorschläge zur Änderung beinhaltet. Es wird beispielsweise eine Anpassung der Zusatzgebühren gefordert, da aktuell die Terminsgebühr nur einmal abgerechnet werden kann, auch wenn mehrere Termine im Verfahren stattfinden. Sie setzten sich dafür ein, dass bereits ab mehr als zwei Terminen, einschließlich Güterichter- und Sachverständigenterminen, mit einer Gesamtdauer von mehr als 120 Minuten eine Zusatzgebühr erhoben werden kann. Unabhängig von den Ideen zur strukturellen Veränderung wird insbesondere auch eine neue angleichende Gebührenanhebung zur Geltung gebracht.

Dass diese Forderungen auf Anhieb akzeptiert und umgesetzt werden, ist zu bezweifeln. Doch die Tatsache bleibt bestehen, dass im Gegensatz zu manch ähnlichen Berufsgruppen die Gebühren von Rechtsanwälten bisher nicht unmittelbar und proportional zur Inflation gestiegen sind.

Wenn man beispielhaft das Gehalt eines Staatsanwalts oder Richters zwischen den Jahren 2004 und 2021 betrachtet, fällt auf, dass es insgesamt um knapp 41 % gestiegen ist, während die Gebühren eines Rechtsanwalts in diesem Zeitraum um ca. die Hälfte weniger gestiegen sind.

Doch wie wird es sich nun zukünftig entwickeln?

Ob und inwiefern auf die Forderungen von Rechtsanwälten und Organisationen eingegangen wird, bleibt hinsichtlich verschiedener Ansichten offen. Während  positive Reaktionen mit dem Diskurs einhergehen, verweisen kritische Stimmen, insbesondere die Länder, immer wieder auf die dadurch entstehenden Mehrausgaben und die allgemeine Finanzierung dieses Plans. Es ist also abzuwarten, zu welchem Schluss die Politik in der aktuellen Debatte gelangen und wie sich die Vergütung von Rechtsanwälten in naher Zunkunft gestalten wird.

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Miriam Kreis

Studentische Mitarbeiterin