Sind die Anforderungen an das rechtliche Interesse beim selbstständigen Beweisverfahren vom Landgericht Krefeld und Oberlandesgericht Düsseldorf überhöht worden?
Im vorliegenden Fall streiten die Parteien über ärztliche Behandlungsfehler auf dem Gebiet der Wirbelsäulenchirurgie. Vor dem örtlich zuständigen LG Krefeld wurde das selbstständige Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO beantragt, was durch das LG Krefeld in einem ersten Beschluss abgelehnt wurde. Nach erfolgter Beschwerde gegen diesen Beschluss wurde die Akte dem OLG Düsseldorf als Beschwerdegericht vorgelegt.
Beschlüsse des LG Krefeld
Das LG Krefeld wies in seinem Beschluss den Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens zurück, da nach der Ansicht des Landgerichts die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach §§ 485 bis 487 ZPO nicht vorlagen. Die gestellten Beweisfragen entsprächen nicht dem geforderten Mindestmaß an Substantiierung hinsichtlich der Beweistatsachen. Das LG Krefeld vertritt die Auffassung, dass die Beweisfragen einer umfassenden Prüfung der Krankheitsgeschichte und des Behandlungsverlaufs dienen, durch die eine Ermittlung des Sachverhalts stattfinden soll. Weiterhin wird angeführt, dass der Antrag auf ein selbstständiges Beweisverfahren insgesamt unzulässig sei, da die Beweisfragen zu allgemein gestellt worden waren.
Die anschließend eingereichte Beschwerde gegen den Beschluss des LG Krefeld beinhaltete die Rüge, dass die Voraussetzungen des selbstständigen Beweisverfahrens nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zu ihrem Nachteil ausgelegt worden waren. Es wird sich auf Beschlüsse des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs bezogen, der für das Arzthaftungsrecht zuständig ist. Bei den Anforderungen zur Begründung eines Antrages auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens dürfen demnach keine überzogenen Maßstäbe angelegt werden (BGH, Beschluss vom 24. September 2013 – VI ZB 12/13; BGH, Beschluss vom 19. Mai 2020 – VI ZB 51/19). Somit wurden die Maßstäbe durch den Beschluss des LG Krefeld insoweit verkannt. Dafür spricht vor allem die Zitierung von abweichenden Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und die nicht vorhandene Auseinandersetzung mit den oben genannten Entscheidungen.
Beschlüsse des OLG Düsseldorf
Das OLG Düsseldorf hat in seinem Beschluss die anfangs erwähnte Beschwerde zurückgewiesen. Worin die Behandlungsfehler bestehen, sei nicht vorgetragen worden und dadurch fehle das „notwendige Mindestmaß an Substantiierung“. Die Antragstellerin konnte selbst ohne Hilfe eines Sachverständigen nicht darlegen, warum Behandlungsfehler gemacht worden sind. Der Vorwurf des OLG Düsseldorf, dass der Antrag auf ein selbstständiges Beweisverfahren auf eine Herbeiführung für einen zulässigen Antrag notwendigen Tatsachen gerichtet sei verkennt den Sinn und Zweck des Verfahrens. Dieser besteht darin, die Ausklärung des Streitsachverhalts voranzutreiben, was auch vom Gesetzgeber so vorgesehen wurde (vgl. BT-Drucks. 11/3621). Die Überhöhung der Darlegungsanforderungen setzte sich auch mit dem weiteren Beschluss des OLG fort.
Fazit
Im Ergebnis haben das LG Krefeld und das OLG Düsseldorf mit ihren Beschlüssen das selbstständige Beweisverfahren zum Nachteil der Antragstellerin vereitelt. Seit der ersten Antragstellung sind fast zwei Jahre vergangen. Weiterhin haben die Gerichte durch ihre hohen Anforderungen Maßstäbe aufgestellt, die Patienten zur Abhaltung von der Durchführung des Arzthaftungsbeweisverfahrens zur Aufklärung von Behandlungsfehlern bewegen.