Stellenausschreibung oder Interessenabfrage – Was ist der Unterschied?

1. Darstellung des Problems

Stellenausschreibung oder Interessenabfrage – auf den ersten Blick scheint kein großer Unterschied zu bestehen, schließlich geht es in beiden Fällen darum, eine Auswahlentscheidung zur Besetzung einer freien Stelle zu treffen. Es kann aber dann zu Problemen kommen, wenn eine vermeintliche Interessenabfrage rechtlich doch als Stellenausschreibung einzuordnen ist, denn dabei ist der Arbeitgeber an strenge Vorschriften des Arbeitnehmerschutzes gebunden. Es kann außerdem sein, dass für bestimmte zu besetzende Stellen eine Ausschreibungspflicht besteht. Diese würde umgangen, wenn eine bloße Interessenabfrage vorgenommen wird.

2. Ausschreibungspflicht

Ob eine Ausschreibungspflicht im öffentlichen Dienst besteht ist umstritten. Während für Beamtenstellen Einigkeit darüber besteht, dass diese Stellen grundsätzlich ausschreibungspflichtig sind, so ist das Bestehen einer Ausschreibungspflicht für Stellen des öffentlichen Dienstes umstritten. Einerseits lasse sich eine allgemeine Ausschreibungspflicht bereits aus Art. 33 Abs. 2 GG ableiten. Gegen diese Ansicht spricht allerdings ein wegweisendes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschluss vom 14.01.2010, Az. 6 p 10/09), in welchem es klarstellt, dass freie Stellen des öffentlichen Dienstes nicht ausschreibungspflichtig sind, sofern sich eine solche Pflicht nicht aus einschlägigen Gesetzen, Verwaltungsvorschriften oder einer praktizierten Übung ergeben sollte. Es ist somit immer für jeden Einzelfall zu prüfen, ob eine Ausschreibungspflicht verletzt wurde.

3. Interessenabfrage

Interessenabfragen werden zumeist intern gestellt. In öffentlich-rechtlichen Bereichen kann das sog. Interessenbekundungsverfahren, ein öffentlich-rechtliches Verfahren, welches von den Vergabestellen zur Vergabe öffentlicher Aufträge den eigentlichen Vergabeverfahren vorgeschaltet werden kann[1], herangezogen werden. Es soll in geeigneten Fällen privaten Anbietern die Möglichkeit geben, darlegen zu können, ob und inwieweit sie staatliche Aufgaben oder öffentlichen Zwecken dienende wirtschaftliche Tätigkeiten erbringen können.[2] Ein Interessenbekundungsverfahren ist kein Vergabeverfahren. Abzugrenzen ist das Interessenbekundungsverfahren von der Interessenbekundung. Hier veröffentlicht eine öffentliche Stelle Vorinformationen zu einer geplanten Auftragsvergabe, wodurch nun Interessenten eine Interessenbekundung abgeben können, die sie im weiteren Verlauf nochmals bestätigen müssen, um dann am Teilnahmewettbewerb teilzunehmen.[3]

4. Stellenausschreibung

Eine Stellenausschreibung ist die an einen bestimmten Personenkreis gerichtete schriftliche Aufforderung, sich um einen bestimmten Arbeitsplatz zu bewerben.[4] Sie darf nicht gegen das AGG verstoßen. Liegt trotzdem ein Verstoß vor, so hat der betroffene Bewerber Anspruch auf eine angemessene Entschädigung.

5. Ergebnis

Wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich nicht um eine Stellenausschreibung, sondern lediglich um eine Interessenabfrage handelt, so besteht kaum ein Problem.[5] Insbesondere wenn eine Interessenabfrage erfolgt, um der Auswahlentscheidung arbeitsorganisatorische Gesichtspunkte zugrunde zu legen, muss sie nicht nach den Grundsätzen der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG erfolgen.[6] Jedoch kann die Auswahlentscheidung daraufhin überprüft werden, ob ihr ein sachlicher Grund zugrunde liegt und ob sie das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG hinreichend berücksichtigt.[7]

[7] vgl. VG Düsseldorf Urt. v. 28.05.2015 – 2 K 3365/14, BeckRS 2015, 48697.

[1] vgl. Beck VergabeR/Bungenberg/Schelhaas GWB § 131 Rn. 115.

[2] vgl. BeckOK SozR/Orlowski SGB V § 92b Rn. 27.

[3] vgl. https://www.deutsches-ausschreibungsblatt.de/informationen/glossar/interessenbekundung

[4] MHdB ArbR/Oberthür § 338 Rn. 2.

[5] vgl. VG Düsseldorf Urt. v. 28.05.2015 – 2 K 3365/14, BeckRS 2015, 48697.

[6] vgl. VG Düsseldorf Urt. v. 28.05.2015 – 2 K 3365/14, BeckRS 2015, 48697.

Erstellt am 20.09.2023.

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Christina Donat

stud. jur.