Wie verjährt ein Darlehen, das auf unbestimmte Zeit gewährt wurde?

Auf unbestimmte Zeit gewährte Darlehen – also solche, für die kein fester Rückzahlungszeitpunkt bestimmt wurden – sind besonders im familiären Bereich nicht unüblich. Wenn allerdings familiäre Streitigkeiten (die auch nicht unüblich sind) zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer treten, stellt sich spätestens dann die Frage, ob ein Rückzahlungsanspruch (noch) besteht und wann dieser fällig wird.

In derartigen Fällen wird sich dann von Seiten des Darlehensnehmers häufig darauf berufen, es habe sich doch eigentlich um eine Schenkung gehandelt und dass ein möglicher Anspruch auf Rückzahlung sowieso bereits verjährt sei.

Eine Schenkung kommt kategorisch aber immer dann nicht in Betracht, wenn eine Auslegung der Parteiabreden ergibt, dass die zugewendete Geldsumme – wenn auch nur unter bestimmten Voraussetzungen – zurückzuzahlen ist.[1] Es kommt folglich darauf an, ob das Darlehen dauerhaft selbst behalten werden soll oder nicht.[2] Auch der unentgeltliche unverzinsliche Darlehensvertrag unterfällt dementsprechend nicht dem Schenkungsrecht.[3]

Damit ein Anspruch auf Rückzahlung überhaupt verjährt sein kann, müsste er zuerst fällig geworden sein. In § 488 Abs. 3 S. 1,2 BGB ist bestimmt, dass die Fälligkeit bei auf unbestimmte Zeit gewährten Darlehen davon abhängt, dass eine Partei die Kündigung unter Wahrung der Dreimonatsfrist ausspricht. Die Anwendbarkeit des Abs. 3 erstreckt sich auf alle Darlehensverträge, sofern diese keine abweichenden Bestimmungen zur Fälligkeit und Kündigung erhalten.[4] Als Kündigungsgründe des Darlehensgebers kommen die ordentliche Kündigung nach § 488 Abs. 3 S. 2 BGB und die außerordentliche Kündigung nach § 490 Abs. 1 BGB sowie weitere andere vereinbarte Kündigungsgründe in Betracht.[5] Die Parteien haben weiter die Freiheit, die Kündigungsfrist auch abzuändern oder das Recht zur ordentlichen Kündigung auszuschließen.[6] Zudem ist die Kündigungserklärung eine formfreie, empfangsbedürftige und bedingungsfeindliche Willenserklärung, die – sofern mehrere Darlehensnehmer bestehen – diesen gegenüber einheitlich abzugeben ist.[7] Mit Ausspruch der Kündigung beginnt dann die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB mit Schluss des selben Jahres zu laufen.

Somit ist der Einwand, der Rückzahlungsanspruch sei verjährt, zumeist hinfällig. Wichtig ist aber, dass den Darlehensgeber die Beweislast für sowohl die Einigung der Parteien darüber, dass ein Darlehen gewährt wird, als auch für die Beendigung des Darlehensvertrages, trifft.[8] Dies ist insbesondere zu beachten, wenn es sich um hohe Geldbeträge handelt. Grundsätzlich besteht zwar auch die Möglichkeit, dass der Darlehensgeber seinen Rückzahlungsanspruch verwirkt – es handelt sich hierbei allerdings um einen äußerst seltenen Fall. So hat eine Bank, die ihren Anspruch auf Rückzahlung erst 13 Jahre nach Anspruchsentstehung geltend macht, diesen Anspruch verwirkt.[9] Im familiären Bereich wird es hierauf in der Regel aber nicht ankommen. Im Zweifel ist es aber immer empfehlenswert, sich bei einem fachkundigen Anwalt mit dem individuellen Sachverhalt vorzustellen, um so Fragen klären zu lassen und die notwendigen weiteren Schritte gemeinsam zu gehen.

Sollte sich der Darlehensrückzahlungsanspruch nicht realisieren lassen, könnte in bestimmten Fällen noch ein bereicherungsrechtlicher Anspruch in Betracht kommen. Denkbar ist etwa, dass der Gläubiger irrtümlich glaubte, einen Darlehensvertrag geschlossen zu haben und so nicht erkennen konnte, dass eine ungerechtfertigte Bereicherung vorlag. Problematisch ist jedoch, wie es sich auswirkt, dass bereicherungsrechtliche Ansprüche grundsätzlich gemäß § 199 BGB innerhalb der regulären Dreijahresfrist verjähren. Es stellt sich daher die Frage danach, wann die Verjährungsfrist im Falle eines Irrtums beginnt. Grundsätzlich richtet sich der Beginn nach den allgemeinen Regeln des § 199 Abs. 1 BGB. Gemäß Abs. 1 Nr. 2 muss der Gläubiger unter anderem von den den Anspruch begründenden Umständen erfahren haben. Fraglich ist, wie sich ein Tatsachen- oder Rechtsirrtum nun hierauf auswirkt. Zunächst bedarf es nicht der Kenntnis des Gläubigers darüber, dass kein Rechtsgrund vorliegt, sondern nur der Kenntnis über die Tatsachen, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrunds ergibt, wobei beim Vorliegen mehrerer Tatsachen die Kenntnis über eine Tatsache ausreicht.[10] Unterlag der Gläubiger einem Rechtsirrtum, so hindert dies den Verjährungsbeginn grundsätzlich nicht.[11] Weil die einzelnen Fälle individuell große Unterschiede aufweisen, ist es auch an dieser Stelle angeraten, sich durch einen Anwalt beraten zu lassen.

[1] vgl. BeckOGK/Binder BGB § 488 Rn. 57.

[2] vgl. BeckOGK/Binder BGB § 488 Rn. 57.

[3] vgl. HK-BGB/Volker Wiese BGB § 488 Rn. 5.

[4] vgl. HK-BGB/Volker Wiese BGB § 488 Rn. 12.

[5] vgl. HK-BGB/Volker Wiese BGB § 488 Rn. 16.

[6] vgl. HK-BGB/Volker Wiese BGB § 488 Rn. 17.

[7] vgl. HK-BGB/Volker Wiese BGB § 488 Rn. 18.

[8] vgl. HK-BGB/Volker Wiese BGB § 488 Rn. 20.

[9] vgl. MüKoBGB/K.P.Berger BGB § 488 Rn. 86.

[10]BeckOGK/Piekenbrock BGB § 199 Rn. 100.

[11] BGH: Verjährungsbeginn bei Bereicherungsansprüchen, NJW-RR 2008, 1237

Erstellt am 20.09.2023.

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Christina Donat

stud. jur.