Darf ein Patient seinem Hausarzt sein Grundstück vermachen?
Mit dieser Frage hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) in einem neueren Urteil vom 2.7.2025 beschäftigt. Es geht um einen Patienten, der seinem Hausarzt versprochen hat, dass dieser nach seinem Tod ein Grundstück erhält. Dafür soll der Arzt eine umfangreiche und gesonderte ärztliche Betreuung erbringen. Diese ging weit über die gewöhnliche Vereinbarung zwischen Patient und Arzt hinaus und umfasste bspw. Hausbesuche, wenn ein Praxisbesuch nicht möglich war sowie häusliche Betreuung bei weiterer Verschlechterung des Gesundheitszustands. Diese Vereinbarung wurde zwischen dem Erblasser, dem Arzt und der Beklagten von einem Notar als „Betreuungs-, Versorgungs- und Erbvertrag“ geschlossen. Die Frage nach der Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung wurde vom BGH noch nicht abschließend geklärt.
Entscheidung der Vorinstanz
Das OLG Hamm war als Berufungsgericht der Auffassung, dass der Vermächtnisanspruch des Arztes zum Zeitpunkt des Erbfalls gem. §§ 134, 2171 BGB unwirksam war. Begründet wird dies mit einem Verstoß gegen § 32 Abs. 1 Satz 1 Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe (BO-Ä). Der Verstoß führe zur Teilnichtigkeit der notariellen Vereinbarung hinsichtlich der erbrechtlichen Bestimmungen, die den Arzt betreffen.
Auffassung BGH
Der BGH war anderer Auffassung. Ein Verstoß gegen § 32 Abs. 1 Satz 1 BO-Ä liegt nicht vor und somit ist das Vermächtnis auch nicht wegen §§ 134, 2171 BGB nichtig. Als Begründung führt der BGH aus, dass das ärztliche Zuwendungsverbot keinen Schutz des Erbrechts der Angehörigen des Patienten bezwecke. Der Verstoß gegen die Berufsordnung macht nach Ansicht des BGH das Vermächtnis an den Hausarzt nicht unwirksam. Dafür spricht die Testierfreiheit des Einzelnen, die in Art. 14 Abs. 1 GG geschützt ist. Die Testierfreiheit legt fest, dass jede Person frei, ohne Zwang und ohne Begründung über die Verteilung ihres Vermögens nach ihrem Tod verfügen kann. Ein Eingriff in die Testierfreiheit bedarf einer gesetzlichen Grundlage. Vorliegend kam nur § 32 Abs. Satz 1 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe als gesetzliche Grundlage in Betracht. Vorschriften, die von einem Berufsverband erlassen wurden reichen als gesetzliche Grundlage jedoch nicht aus. Außerdem betrachtete der BGH den Eingriff in die Testierfreiheit des Patienten als unverhältnismäßig.
Die Sache wurde sodann an das Berufungsgericht (OLG Hamm) zurückverwiesen. Es soll Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden und eine Prüfung auf Sittenwidrigkeit der Erbvereinbarung vorgenommen werden. Somit ist die Frage noch nicht abschließend geklärt.
Weitere Entscheidungen
Mit der besprochenen Frage haben sich auch bereits andere Gerichte in ähnlicher Weise befasst. In einem Beschluss des OLG Frankfurt a.M. aus dem Dezember 2023 ging es um einen Hausarzt, der von seiner Patientin im Testament aufgeführt wurde. Als er und die anderen Miterben einen Erbschein beantragten, ficht einer der anderen Miterben das Testament wegen eines Verstoßes gegen § 32 der Berufsordnung der hessischen Ärztekammer an. Das OLG Frankfurt a.M. entschied in seinem Beschluss, dass ein Verstoß gegen § 32 der Berufsordnung der hessischen Ärztekammer (BO-Ä) ebenfalls nicht zur Teilnichtigkeit eines Testaments führt. Zuvor hatte das Gericht allerdings im Unterschied zum besprochenen Urteil des BGH angenommen, dass § 32 BO-Ä als Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB gewertet werden kann.