Es gibt noch Richter in Berlin

 

Es gibt noch Richter in Berlin“ ist ein bekannter Ausspruch, der einer fiktiven Erzählung von Max Ring entstammt, die 1866 in der Zeitung „Die Gartenlaube“, ein Vorläufer moderner Illustrierter, erschienen ist.

Dieser alte, ehrenvolle Spruch,  der nach Rings Legende seiner Zeit in Preußen galt, zeigte die Bewunderung der Leute, für ein Kammergericht in Berlin, welches entgegen der damals teils noch vorherrschenden Willkür, fortschrittlich, sachlich und unbeeinflussbar, nach bestem Wissen und Gewissen urteilte, hierbei keine Risiken scheute und sogar dem König die Stirn bot. Er geht auf die Bedeutung einer unabhängigen Justiz ein und hebt diese hervor.

Heutzutage wird die Aussage oft im übertragenen Sinne verwendet, um die Eigenständigkeit der Justiz und die Bedeutung von Richtern und ihren Entscheidungen zu betonen. Der Ausspruch erinnert daran, dass es wichtig ist, dass Richter unabhängig und frei von politischen Einflüssen entscheiden können.

Die Unabhängigkeit der Justiz ist essentiell, um den Rechtsstaat zu wahren und die Grundrechte der Bürger zu schützen. Ebenso braucht es eine funktionierende Gewaltenteilung, welche die drei Hauptfunktionen eines Staates (Legislative, Exekutive und Judikative) trennt, um die Freiheit und die Rechte der Bürger zu schützen und Tyrannei, wie sie in Max Rings Erzählung gegenwärtig ist, zu verhindern.

Regierungen, die versuchen, diese Systeme zu beeinflussen oder zu kontrollieren, bedrohen diese unabdingbaren Sicherheiten und Werte einer funktionierenden Gesellschaft.

Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass Richterinnen und Richter mutig und unbeeinflusst agieren, um sicherzustellen, dass jeder vor dem Gesetz gleich behandelt wird.

Die Aussage “Es gibt noch Richter in Berlin“ erinnert uns daran, dass die Justiz ein grundlegender Pfeiler der Demokratie ist und dass ihre Unabhängigkeit unbedingt gewahrt werden muss.

Gerade in Zeiten, wie der unseren, ist es dringend notwendig, sich die Bedeutung dieses Ausspruchs zu vergegenwärtigen, denn auch heutzutage ist eine freie Justiz keineswegs garantiert.

Es gibt leider weltweit immer wieder Versuche von Regierungen, die Freiheit der Justiz zu untergraben und politischen Einfluss auf Gerichtsentscheidungen auszuüben.

Folgend einige exemplarische Beispiele:

Betrachten wir zum Beispiel Polen. Seit 2015 hat die polnische Regierung eine Reihe von Gesetzen erlassen, die die Unabhängigkeit der Justiz einschränken und den politischen Einfluss auf die Ernennung von Richtern erhöhen. Die Europäische Union hat deshalb ein Verfahren gegen Polen eingeleitet, um die Unabhängigkeit der Justiz wieder herzustellen.

Auch Ungarn steht durch vergleichbares Verhalten seit Jahren in der Kritik.

In der Türkei hat die Regierung seit dem Putschversuch im Jahr 2016 zahlreiche Richter und Staatsanwälte entlassen oder verhaftet und die Justiz massiv unter Druck gesetzt. Menschenrechtsorganisationen kritisieren immer wieder den politischen Einfluss auf die Justiz und die Einschränkung der Meinungsfreiheit in der Türkei.

Zuletzt ist aktuell natürlich Russland zu nennen, wo der Gedanke an eine unbeeinflusste Justiz in weiter Ferne liegt.

Dies sind nur einige wenige Beispiele, in der die Justiz als bedroht anzusehen ist.

Eine solide, funktionierende Gerichtsbarkeit ist demnach keine Selbstverständlichkeit.

Es bedarf hierfür entschlossener Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizverwaltungen, die entschieden zu den grundlegenden rechtsstaatlichen Grundpfeilern stehen.

Es bedarf somit “furchtloser Juristen“, um sagen zu können, dass es hoffentlich, nicht nur in Berlin, noch Richter gibt.

Erstellt am 23.03.2023

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Leander Merzbach

stud. jur.