Impfung bei Uneinigkeit der Eltern

Impfen lassen, ja oder nein? Diese Frage scheint Deutschland in diesen Zeiten zu spalten. Doch nicht nur in Bezug auf die Corona Schutzimpfung stößt man hier auf Meinungsverschiedenheiten, sondern auch bei Impfungen wie z.B. gegen Masern oder Tetanus, welche vor allem bei Kindern ein Thema sind. Da in Deutschland keine Impfpflicht herrscht, können Eltern grundsätzlich selber entscheiden, ob sie ihr Kinder impfen lassen wollen oder nicht.

Immer wieder kommt es zu der Situation, dass bei Eltern, welche gleichermaßen Erziehungsberechtigt sind, unterschiedlicher Meinung vorhanden sind, wenn es um die Schutzimpfempfehlung der eigenen Kinder geht. Es kann hierbei allerdings nicht einfach ein Elternteil seine Meinung durchsetzen. Grundsätzlich haben Eltern nach § 1626 Abs. 1 BGB die Pflicht für ihr Kind zu sorgen, worunter auch die Gesundheit des Kindes fällt. Dieses Recht steht ihnen gem. § 1629 Abs. 1 BGB gemeinschaftlich zu. Die Impfungen sind meistens noch vor dem dritten Lebensjahr angesetzt, somit umfasst hier die elterliche Sorge auch die Vertretung des Kindes in der Entscheidung, ob es geimpft wird oder nicht.

Meinungsverschiedenheiten darüber, was dem Wohl des Kindes am besten dient, müssen in erster Linie im Privaten zwischen den Eltern ausgemacht werden. Wenn diese darüber jedoch zu keinem einvernehmlichen Ergebnis gelangen, bedarf es letztendlich einer gerichtlichen Entscheidung. Zum Beispiel könnte eine Impfung des Kindes Voraussetzung für die Aufnahme in einem Kindergarten sein. Manche Eltern sind jedoch besorg um die möglichen Folgeschäden, die eine Impfung mit sich bringen könnte. Tatsächlich findet knapp die Hälfte der deutschen Eltern, dass Kinder „manche Krankheiten einfach durchmachen müssen“, um später ein besseres Immunsystem zu haben. Das Risiko, an Folgeschäden der Krankheit zu leiden, ist jedoch im Endeffekt höher, als der Eintritt möglicher Nebenwirkungen der Impfung.

Das Amtsgerichts Dieburg (Az. 51 F 308/20 SO) beschließt hierzu am 07.12.2020, dass in einem solchen Fall nach Abwägung der individuellen Interessen der Eltern einem Elternteil die Entscheidungsbefugnis auf Antrag alleine übertragen werden kann. Bei Angelegenheiten des täglichen Lebens könnte bei getrenntem Wohnaufenthalt der Eltern auch der Elternteil entscheiden, bei welchem das Kind lebt. Eine Impfung stellt jedoch nicht eine solche tägliche Angelegenheit dar, womit sich die Eltern hier einig sein müssen.

Das Sorgerecht im Übrigen bleibt von dem Beschluss der alleinigen Entscheidungsbefugnis jedoch unberührt und damit weiterhin bei beiden.

Die Entscheidung des Gerichts richtet sich gemäß § 1697a BGB nach dem Kindeswohl und ist damit dem Elternteil zu übertragen, dessen Lösungsvorschlag dem Kind besser gerecht wird.

Es kommen also nicht nur beim Thema „Corona-Impfung“ Diskussionen auf. Immer wieder gibt es Demonstrationen von Eltern gegen ein frühes Impfen der Kinder. Auch wenn sich entsprechende Eltern zunächst gegen die Impfung ihres Kindes entscheiden, spätestens mit der Einschulung und der mit ihr eingehenden Schulpflicht müssen diese jedoch den Impfpass der Kinder vorzeigen.

Ein Beitrag von Sinem Simsek.

Erstellt am 07.04.2021

Rechtsanwalt Dr. Martin Riemer

Fachanwalt für Medizinrecht und Versicherungsrecht

Theodor-Heuss-Ring 23
50668 Köln
Tel. (0221) 933356-0
Fax (0221) 933356-19
info@dr-riemer.de

Sinem Simsek

Studentische Mitarbeiterin