Wann und wie muss ein Operationsbericht erstellt werden?

I. Einführung

Zunächst muss aufgeklärt werden, was ein Operationsbericht bedeutet und was für Funktionen er erfüllt. Ein Operationsbericht (auch OP-Bericht genannt) ist Teil der Patientenakte mit schriftlichen Angaben über die Art, den Verlauf, das erreichte Ziel und eventuelle Probleme bei einer durchgeführten operativen Maßnahme.

Der OP-Bericht ist eines der wichtigsten Dokumente des Behandlungsgeschehens, die von § 630f Abs.1 S.1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) vorausgesetzt wird. Spezielle Regelungen, die die Dokumentationspflicht des Arztes regeln, sind § 10 der Musterberufsordnung-Ärzte (BMO-Ärzte), und § 57 Abs.1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä)[1]. Nach der Norm des § 630f Abs.1 S.1 BGB ist der Behandelnde verpflichtet, zum Zweck der Dokumentation in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung eine Patientenakte in Papierform oder elektronisch zu führen.

Welche Anforderungen an den OP-Bericht zu stellen sind und wann er erteilt werden muss, wird im Folgenden erörtert.

II. Sinn und Zweck des § 630f Abs.1 S.1 BGB

Die Dokumentationspflicht des Arztes, die sich aus § 630f Abs.1 S.1 BGB ergibt, stellt eine Gedächtnisstütze für den Arzt und dient in erster Linie seinem eigenen Interesse an einer pflichtgemäßen und erfolgsversprechenden Berufsausübung. Sie hat ferner den Zweck, eine sachgerechte therapeutische Behandlung und Weiterbehandlung durch Festhalten der medizinisch relevanten Informationen zu gewährleisten, indem er von weiteren kundigen Dritten verwendet werden kann.

Der OP-Bericht hat nicht nur eine Klarstellungsfunktion, sondern auch Beweissicherungsfunktion, das heißt, er kann als Beweismittel in einem Arzthaftungsprozess verwendet werden. In vielen Prozessen lassen sich die Krankengeschichte und der Behandlungsverlauf nur mit Hilfe der Patientenakte nachvollziehen; erst aufgrund eines solchen Nachvollzugs kann von einem sachverständig beratenen Gericht beurteilt werden, ob dem Arzt eine Sorgfaltspflichtverletzung unterlaufen ist oder nicht[2].

III. Inhalt

Nach §630 Abs.2 BGB ist der Behandelnde verpflichtet, in der Patientenakte sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse aufzuzeichnen. Aufzunehmen sind nicht nur einzelne Diagnosen und Untersuchungen, sondern auch alle Einwilligungen und Aufklärungen. Die in § 630 Abs.2 BGB beispielhafte Aufzählung ist nicht abschließend („insbesondere“)[3].

IV. Zeitpunkt der Dokumentation

Nach § 630f Abs.1 S.1 BGB muss der OP-Bericht „in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung“ des Patienten stehen. Dieses Tatbestandsmerkmal ist allerdings nicht auf Anhieb klar und ist mittels Auslegung zu ermitteln. Als Faustregel könnte angenommen werden, dass je länger der Zeitraum zwischen Eingriff und Dokumentation liegt, desto größer wird die Gefahr, dass das Behandlungsgeschehen nicht richtig dokumentiert wird. Der Maßstab soll strenger sein als derjenige des Tatbestandsmerkmals „unverzüglich“ gemäß § 121 Abs.1 BGB, weil die Unmittelbarkeit kein Sorgfaltselement enthält, das für die notwendige Flexibilität sorgen könnte. Sicher ist, dass der Arzt die Dokumentation nicht auf eine ungewisse Zeit hinausschieben darf[4]. Als Grundsatz ist daher anzunehmen, dass die Erteilung des OP-Berichts unmittelbar nach der Operation eines Patienten erfolgen muss.

Von diesem Grundsatz gibt es allerdings Ausnahmen. So ist bei lebensnaher Betrachtung zu berücksichtigen, dass Ärzte in vielen Fällen mehr als eine Operation am Tag durchführen müssen. Notfälle, die nacheinander geschoben sind, verlangen sogar eine höhere Flexibilität des Arztes. Es ist ihm dann nicht zuzumuten, dass er kurz vor der ersten oder zweiten Operation einen Bericht dazu schreiben kann. In diesem Fall ist eine Fristverlängerung für die Erstellung des OP-Berichts zwingend geboten.

Daraus kann man schließen, dass in zeitlicher Hinsicht die Dokumentation zwar in unmittelbarem Zusammenhang mit der Behandlung oder dem Eingriff zu erfolgen hat, jedenfalls aber in einem Zeitraum, in dem dem Arzt die Einzelheiten der Behandlung noch präsent sind. Dies gilt insbesondere für Berichte über durchgeführte Operationen, die wichtige Informationen über das gebotene postoperative Vorgehen vermitteln. So entschied das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG Münster) in seinem Urteil vom 25.11.2015 (Az: 6t A 2679/13.T)[5].

In der Entscheidung des OVG Münster wurde ein Arzt, der über ein Jahr nach Durchführungen von Operationen noch keine Operationsberichte angefertigt hatte, zuerst zu einer Geldbuße in Höhe von 2000 Euro nach Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens von der Ärztekammer verurteilt. Nachdem er sich gegen die berufsgerichtliche Entscheidung wendete, wurde seine Geldbuße auf 1500 Euro gesenkt, im Wesentlichen wurde die Entscheidung von der Ärztekammer jedoch nicht beanstandet. Die verspätete Anfertigung ärztlicher Dokumentation stellt somit einen Verstoß gegen die Berufspflicht des Arztes dar.

V. Form des Operationsberichts

Aus § 630f Abs.1 S.3 BGB ergibt sich, dass die Patientenakte nicht nur in schriftlicher, sondern auch in elektronischer Form geführt werden kann. Bei der elektronischen Übermittlung können auch Bilder und Videos gespeichert werden.

Weitere Anforderungen an der Form sind nicht ausdrücklich geregelt. Das Landessozialgericht in Baden-Württemberg (LSG Baden-Württemberg) setzt allerdings in seinem Urteil vom 25.09.2013 (Az: L 5 KA 3347-11) voraus, dass die Operationsberichte für den fachkundigen Dritten selbsterklärend sein müssen. Sie müssen lesbar, in sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar sein. Dies gilt insbesondere für ambulante Operationen, die ohne anschließende Übernachtung im Krankenhaus erfolgen (im Vergleich zu stationären Operationen). Die Anforderungen, die der Qualitätssicherung des OP-Berichts dienen, werden in unterschiedlichen Gesetzen geregelt wie etwa Art. 115b Abs.1 SGB V.

Ob diese Maßstäbe auch auf Situationen übertragbar sind, in denen keine ambulante Behandlung eines Patienten erfolgt, sondern der OP-Bericht etwa zuhause oder im Zug geschrieben oder diktiert wird, ist indes unklar. Eine entsprechende Rechtsprechung zu dieser Rechtsfrage fehlt.

Unabhängig davon, ob eine ambulante Behandlung erfolgt oder nicht, ist die Verwertbarkeit des Operationsberichts von entscheidender Bedeutung. Weiterbehandelnde Personen müssen die Möglichkeit haben, den Operationsbericht nachvollzuziehen, was für eine Operationsmaßnahme auf den jeweiligen Patienten vorgenommen wurde, wie diese durchgeführt wurde und ob sie erfolgreich war oder nicht. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Therapiesicherung des Patienten nicht gewährleistet werden kann.

VI. Fazit

Die zeitnahe Erstellung eines Operationsberichts durch den Arzt nach der Durchführung von operativen Maßnahmen stellt einen wesentlichen Bestandteil der Pflichten eines Arztes aus § 10 BMO-Ärzte, § 630f BGB und § 57 Abs.1 BMV-Ä dar. Dabei ist erforderlich, dass die Erstellung des OP-Berichts so zeitnah zu der Operation erstellt wird wie möglich. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich der Arzt nach einer gewissen Zeit wichtige Details von der von ihm durchgeführten Operation nicht mehr in Erinnerung bringen kann. Dies kann zum einen zu Problemen im Rahmen eines Amtshaftungsprozesses bei der Ermittlung des Sachverhalts führen, zum anderen macht sich der Arzt schadensersatzpflichtig, wenn er sich gegen seine Dokumentationspflicht aus den oben genannten Normen verletzt und den Bericht nicht oder zu spät erstellt.

Ausnahmsweise ist dennoch eine Fristverlängerung geboten, wenn es dem Arzt unzumutbar ist, seiner Dokumentationspflicht nachzukommen, vor allem in Fällen, in denen er zwei Operationen oder mehr nacheinander durchzuführen hat. Nur in diesem Fall kann der OP-Bericht einen oder zwei Tage später erstellt werden.

Darüber hinaus ist es wichtig, dass der Operationsbericht an sich lesbar, verständlich und widerspruchsfrei verfasst wird. Nur auf diese Weise kann er weiterverwendet werden.

Literaturhinweise:

[1] https://medizinrecht.ra-glw.de/index.php/frist-zur-aerztlichen-dokumentation/

[2] MüKoBGB/Wagner BGB § 630f Rn. 1-4

[3] https://medizinrecht.ra-glw.de/index.php/frist-zur-aerztlichen-dokumentation/

[4] MüKoBGB/Wagner BGB § 630f Rn. 12, 13

[5] (RDG 2016, 289, beck-online)

Erstellt am 01.04.2022

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Vyara Dinkova

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Studentische Mitarbeiterin