Patientenrechtgesetz 2.0

Vor inzwischen über 10 Jahren wurden mit dem Patientenrechtegesetz die Rechte und Pflichten im Behandlungsvertrag erstmals transparent dargestellt.[1] Anlässlich dieses Jahrestages lohnt sich ein Rückblick auf diese Gesetzesregelung und es bietet sich die Möglichkeit, Bilanz zu ziehen.

Hat das Gesetz sein Soll erfüllt und die Rechte von Patienten fortlaufend gestärkt, oder gibt es weiterhin alltägliche Probleme und Hürden bei der Umsetzung, die Patientinnen und Patienten daran hindern ihre Rechte wahrzunehmen? Bedarf es gegebenenfalls sogar eines Patientenrechtegesetzes 2.0?

1. Das Patientenrechtegesetz

Das Patientenrechtegesetz (PatRG) ist ein wichtiges Gesetz in Deutschland, dass die Rechte von Patienten stärken und sie vor unzureichender medizinischer Versorgung schützen soll. Es wurde am 20. Februar 2013 verabschiedet und trat am 26. Februar 2013 in Kraft.

Das Ziel des Gesetzes ist es, das Vertrauen zwischen Patienten und medizinischem Personal zu stärken, indem es klare Regelungen für die Behandlung von Patienten und die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Patienten festlegt. Es betont die Bedeutung der Selbstbestimmung des Patienten und seine Informationsfreiheit und stellt sicher, dass Patienten über alle Aspekte ihrer medizinischen Behandlung umfassend aufgeklärt werden.

Die Gesetzesregelung schützt auch die Vertraulichkeit der Patientendaten und regelt die Weitergabe von medizinischen Informationen an Dritte.

Genauso sichert es gegenüber unzureichender medizinischer Versorgung ab und stellt sicher, dass sie angemessenen Schadensersatz und Schmerzensgeld erhalten, wenn Fehler in der Behandlung auftreten. Das Gesetz soll somit zu einer höheren Qualität der medizinischen Versorgung und einer besseren Patientenzufriedenheit beitragen.

2. Ist das aktuelle Patientenrechtegesetz ausreichend oder bedarf es eines Patientenrechtegesetzes 2.0?

Insgesamt stellt das Patientenrechtegesetz einen wichtigen Schritt zur Stärkung der Patientenrechte in Deutschland dar und trägt unzweifelhaft zu den hierzulande hochentwickelten Patientenrechten bei.

Doch auch wenn dieses Gesetz eine durchaus anzuerkennende Verbesserung bedeutet, lassen sich nach einer Dekade weiterhin Aspekte feststellen, die einer Umgestaltung oder Fortentwicklung bedürfen. Es verlangt nach einer Nachjustierung, um in der Praxis, tatsächlich für Fortschritt zu sorgen.

Folgend einige der Kernprobleme:

Zunächst ist an dieser Stelle auf die Beweisführung einzugehen, die eine Hauptschwierigkeit bei Arzthaftungsprozessen darstellt.[2]

Noch immer sehen sich Patienten benachteiligt, da ihnen eine viel strengere Beweispflicht auferlegt wird, als es z.B. für Rechtstreitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis die Regel ist.[3]

Oftmals scheitern Patienten am Nachweis der Kausalität, da sie belegen müssen, dass ihr Schadensbild nicht auf einer schicksalhaften Entwicklung beruht.

Bei sog. einfachen Behandlungsfehlern wird von den Gerichten oftmals eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit verlangt (90-95%).[4]

Eine Herabsetzung dieser, auf eine angemessenes Maß, wie eine “überwiegende Wahrscheinlichkeit“, scheint sinnvoll.[5]

Insgesamt erfordert die Beweisführung im Arzthaftpflichtprozess ein tiefes Verständnis der medizinischen Praxis und der rechtlichen Verfahren.

Die Gerichte müssen eine ausgewogene Verhandlungsführung zugrundelegen, wenn zwischen dem Arzt, der den therapeutischen Erfolg oder glücklichen Verlauf eines Eingriffs nicht schulden kann, und dem kaum über Informationen und medizinisches Wissen verfügenden Patienten vermittelt werden muss.[6]

Des Weiteren bedarf es einer Verbesserung im Hinblick auf die Einsichtsrechte der Patienten. Die bisherigen Möglichkeiten, die Patientenakte einzusehen, müssen dahingehend erweitert werden, das z.B auch der Zugang zu Hygieneplänen oder Funktionsprüfungen medizinischer Geräte ermöglicht wird.[7] Solche Faktoren, die für den Patienten bedeutsam sein könnten, müssen greifbar sein.

Zuletzt ist es wichtig, Abläufe zu optimieren, um gegebenenfalls jahrelange Rechtsstreite zu vermeiden. Zu erbringende Nachweise und Gutachten führen teils zu untragbar langen Verfahren.

Diesen Weiterentwicklungsbedarf hat mittlerweile auch die Bundesregierung erkannt und sich im Koalitionsvertrag auf die Stärkung der Patientenrechte verständigt.[8]

In diesem Zusammenhang hat sie sich auch für einen Härtefallfonds ausgesprochen, der schwerst Betroffenen Unterstützung gewährt, da diese oftmals nicht in der Lage sind, mehrere Jahre auf Entschädigung zu warten und so die Gefahr der Existenznot, Verarmung und des sozialen Abstiegs droht.

3. Fazit

Ziel muss es sein, ein Mehr an Rechtssicherheit, Orientierung und Gleichgewicht zu schaffen und so insgesamt das Arzt-Patienten-Verhältnis zu stärken.[9] Das ursprüngliche Patientenrechtegesetz stellt eine Grundlage dar, aus dem ein optimiertes Gesetz hervorgehen kann, das auch bei alltäglicher Anwendung einen tatsächlichen Mehrwert für Patienten und letztlich auch für Ärzte und medizinisches Personal darstellen kann.

[1] AOK-Bundesverband, Pressemitteilung 2023, Positionspapier; Stärkung der Patientenrechte: Ziel ist noch nicht erreicht

[2] Prof. Dr. Christian Katzenmeier, Patientenrechtegesetz 2.0, Tagungsheft 7. Kölner Medizinrechtstag, Universität zu Köln

[3] Michaela Engelmeier, Gutachtendes SoVD zum Stand der Patientenrechte in Deutschland, 27.02.2023

[4] Positionspapier des Medizinrechtsanwälte e.V. Zur Stärkung der Patientenrechte, Medizinrechtsanwälte e.V., Mehr Patientenrechte wagen

[5] Positionspapier des Medizinrechtsanwälte e.V. Zur Stärkung der Patientenrechte, Medizinrechtsanwälte e.V., Mehr Patientenrechte wagen

[6] Prof. Dr. Christian Katzenmeier, Patientenrechtegesetz 2.0, Tagungsheft 7. Kölner Medizinrechtstag, Universität zu Köln

[7] Medizinrechtsanwälte e.V., Mehr Patientenrechte wagen, Positionspapier des Medizinrechtsanwälte e.V. Zur Stärkung der Patientenrechte

[8] Eröffnungsstatement von Adolf Bauer, Präsident des SoVD 8. Februar 2022 Berlin (Sozialverband Deutschland)

[9] AOK-Bundesverband, Pressemitteilung 2023, Positionspapier; Stärkung der Patientenrechte: Ziel ist noch nicht erreicht

Erstellt am 23.03.2023

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Leander Merzbach

stud. jur.