Staatlich angeordnete Quarantäne bei Corona-Infektion

Darf der Staat seine Bürger bei Corona-Infektion in Quarantäne nehmen?

Die staatlichen Befugnisse ergeben sich in diesem Fall aus dem Infektionsschutzgesetz – kurz IfSG. Die Rechtsgrundlage für eine behördlich angeordnete Quarantäne bildet § 30 Abs. 1 IfSG. Eine Quarantäne kann sogar auch zwangsweise durchgesetzt werden. Die zwangsweise Durchsetzung wird auf § 30 Abs. 2 IfSG gestützt.

Das Infektionsschutzgesetz

Bei der Anordnung von Quarantäne handelt es sich um eine „Maßnahme[…] gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten“ im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG und somit um einen Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung. Von dieser Gesetzgebungskompetenz hat der Bund für das am 1. Januar 2001 inkraftgetretene Infektionsschutzgesetz Gebrauch gemacht. Es handelt sich dabei also um ein Bundesgesetz.

Zweck des Infektionsschutzgesetzes ist es gem. § 1 Abs. 1 IfSG, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern.

Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht

Außer Frage steht, dass die Unterbringung in Quarantäne – vor allem, wenn diese zwangsweise erfolgt – für die Betroffenen eine Entziehung der grundrechtlich und durch die EMRK garantierten Freiheit bedeutet. Es handelt sich also um den Eingriff in ein hochrangiges Rechtsgut. Bei einer Unterbringung in Quarantäne wird der Alltag der Betroffenen – nicht nur im Job – völlig auf den Kopf gestellt. Für eine Freiheitsentziehung, um die Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern – was die Quarantäne zwangsläufig darstellt – ist nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 e) EMRK auch keine richterliche Entscheidung erforderlich. Bei einer Abwägung der Grundrechte steht die Freiheit gem. Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG der infizierten oder vermeintlich infizierten Person dem Recht auf körperliche Unversehrtheit Art. 2 Abs. 2 S. 1 Var. 2 GG und je nach Erkrankung sogar dem Recht auf Leben gem. Art. 2 Abs. 2 S. 1 Var. 1 GG derer gegenüber, die ansonsten der Gefahr einer Ansteckung ausgesetzt sind. Hierbei überwiegen die Rechte Letzterer, wobei auch die Volksgesundheit als Gut von Verfassungsrang zu berücksichtigen ist.

Schadensersatz für Verdienstausfall durch Quarantäne

Bei einer Unterbringung wird der berufliche Alltag maximal auf den Kopf gestellt. Dabei stellt sich die nicht selten unerhebliche Frage, ob man den entstandenen Schaden ersetzt bekommt. Ein berufliches Tätigkeitsverbot für Infizierte und mögliche Überträger stützt sich auf § 31 S. 1 IfSG. Wer nach einem demnach ausgesprochenen Tätigkeitsverbot einen Verdienstausfall erleidet, erhält einen nach § 56 IfSG bemessenen Ersatz des dadurch entstandenen Schadens.

Der Arbeitnehmer hat gegen seinen Arbeitgeber für eine Dauer von sechs Wochen gem. § 56 Abs. 5 S. 1 IfSG einen Anspruch auf Lohnfortzahlung. Der Arbeitgeber kann diesen Betrag binnen drei Monaten gem. § 56 Abs. 11 S. 1 IfSG zur Erstattung bei der zuständigen Behörde anmelden (in NRW der Landschaftsverband).

 

Ein Beitrag von Nele Kesner.

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